Flucht und Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg

Rund 14 Millionen Deutsche verlassen 1944 / 1945 ihre Heimat durch Flucht oder Vertreibung.

Flucht aus der geliebten Heimat

Flüchtlinge sind Personen, die als Folge kriegerische oder unabwendbaren Ereignissen gezwungen sind, ihren Wohnsitz zu verlassen. Für Deutschland war das nach dem Zweiten Weltkrieg ein Ereignis mit Nachwirkungen über viele Jahrzehnte. Die Rote Armee betrat im Oktober 1944 erstmals ostpreußischen Boden. Die Berichte über Gräueltaten der russischen Armee provozieren ab Oktober 1944 gewaltige Flüchtlingstrecks westwärts unter unsagbaren Bedingungen. Alle Zugverbindungen sind unterbrochen. Die Menschen fliehen zu Fuß, mit Handwagen oder Pferdefuhrwerken in das westliche Gebiet des Reiches. Es gibt keine medizinische Versorgung, keine Lebensmittel, keine Kleidung, kein Trinkwasser. Säuglinge und Kleinkinder sind die ersten Opfer durch Kälte oder Hunger. Die Flucht ist unkontrolliert, durch die Strapazen sind die Flüchtenden geschwächt und werden von der Roten Armee überrollt. Hundertausende sterben oder werden deportiert. Etwa zwei bis drei Millionen Flüchtlingen gelingt die Flucht nach Kiel, Lübeck oder Dänemark.

Vertrieben aus der geliebten Heimat, Haus und Hof blieben zurück

Parallel zu den großen Fluchtwellen beginnt zwischen Winter 1944 und Sommer 1945 die systematische Vertreibung der Deutschen. Auf der „Potzdamer Konferenz“ im Sommer 1945 wurde von den Alliierten beschlossen, die Gebiete östlich von Oder und Lausitzer Neiße unter der Verwaltung von Polen zu stellen. Das nördliche Ostpreußen fiel unter der Verwaltung der UDSSR. Die Aussiedlung sollte unter humanen Gesichtspunkten erfolgen, es sah eine „geordnete Vertreibung“ vor. In Wahrheit herrschen jedoch chaotische Zustände vor. Deutsche werden oft unverzüglich ausgewiesen. Sie werden enteignet, ihr Eigentum, Grund und Boden werden entschädigungslos eingezogen. Über 450.000 Tote durch Flucht und Vertreibung sind belegt.

Die Flucht aus Ostpreußen ist unkontrolliert, Hundertausende sterben durch Entbehrungen, Kälte und Hunger.

Die Flucht aus Ostpreußen ist unkontrolliert, Hundertausende sterben durch Entbehrungen, Kälte und Hunger.

Über zwölf Millionen Flüchtlinge und Vertriebene suchen nach 1945 eine neue Heimat. Im Chaos der unmittelbaren Nachkriegszeit wird von den Flüchtenden und Vertriebenen in ersten Linie Schutz und Sicherheit gesucht. Ein eigentliches Ziel gibt es für die meisten nicht. Die gewaltigen Ströme verlaufen quer durch ein zerstörtes Deutschland und treffen auf Menschen, die durch Bombenangriffe und Kriegshandlungen selbst kaum über das Nötigste verfügen. In den kriegszerstörten Ruinenlandschaften mangelt es an Wasser, Lebensmittel, Medikamenten, Wohnraum, Kleidung, Heizmaterial und Arbeit. Vielerorts werden die Neuankömmlinge daher misstrauisch beäugt und nicht selten feindselig behandelt. Es ist das Deutschland der „Stunde Null“.

In der Praxis sind die Grenzen zwischen Flucht und Vertreibung verwischt. Viele Bewohner der deutschen Ostgebiete erleben beides: Flucht und Vertreibung.

Die Vertriebenen trifft neben den Strapazen der Flucht oder Vertreibung und dem Verlust der Heimat der soziale Abstieg. Mit leeren Händen müssen sie den Neuanfang versuchen. Haus, Hof, Hab und Gut haben sie zurücklassen müssen. Mitgenommene Wertgegenstände wurden oft genug ohne Entschädigung konfisziert.

Ostpreußen und Masuren – der Untergang deutscher Provinzen

Ostpreußen war über Jahrhunderte ein Teil Deutschlands. Die Vertreibung und Enteignung von Millionen haben das Land entvölkert und die deutsche Lebensart ausgelöscht. Die Region wurde geteilt, bekam neue Grenzen, neue Bewohner und neue Städtenamen. Der nördliche Teil wurde sowjetisch, der südliche polnisch.

Schlesien wird polnisch

Aus Furcht vor der Roten Armee verließen die Schlesier zu Hundertausenden ihre Heimat. Schlesien fiel unter russische Besatzung, wurde vom Deutschen Reich abgetrennt und Polen zugesprochen. Zwischen 1945 und 1947 wurde der größte Teil der verbliebenen deutschsprachigen Bevölkerung systematisch vertrieben.

Vertriebene auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft.

”Sei uns gegrüßt, du neue deutsche Heimat“

Dies stand geschrieben an dem Waggon eines Flüchtlingszuges, der das Barackenlager Lette erreichte. Es folgten ärztliche Untersuchungen, Registrierungen, dann Abtransporte in Dörfer der Umgebung und Einweisungen in Quartiere. Sagten die alteingesessenen Bewohner „seid uns gegrüßt“ zu den Flüchtlingen, die auch noch evangelisch waren?  Ja, es hat bestimmt solche Ausnahmen gegeben, in denen der Hauch einer neuen Heimat die Flüchtlinge anweht. Aber es ist auch das geschehen: Flüchtlinge sind wieder auf den Marktplatz zurückgefahren worden. Es sei kein Platz für sie. Die Besatzungsmacht hat eingegriffen und Aufnahme für die Flüchtlinge erzwungen.

Über den Weg in Viehwaggons erreichte eine Anzahl Flüchtlinge auch die Gemeinde Südlohn – viele davon aus Schlesien. Der Ortskern von Südlohn war nach den Bombenangriffen vom 22. März 1945 zerstört. Daraus ist zu erklären, dass viele Flüchtlinge in den Bauernschaften eine vorübergehende Unterkunft fanden.

Einige Flüchtlingsfamilien wurden in Südlohn sesshaft, beteiligten sich am Aufbau der zerstörten Gemeinde und waren in wenigen Jahren voll integriert. Viele Familien verbrachten nur eine Übergangszeit in der Gemeinde und suchten eine „neue Heimat“ in räumlicher Nähe von Verwandten und Bekannten oder nutzten Baulandangebote der Städte und Gemeinden, um ein neues Leben aufzubauen. Heute zeugen vielfach Straßenbezeichnungen wie „Danziger Straße“ oder „Breslauer Straße“ an die Zeit der Neuansiedlung in den 1950er Jahren.

Es ist dem Heimatverein wichtig, dass dieser Teil der Geschichte nicht vergessen wird.

Dem Heimatverein Südlohn e.V. liegt eine komplette Liste der Flüchtlinge und Vertriebenen vor, die nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges die Gemeinde Südlohn erreicht haben. Die Liste umfasst 161 Namen mit Berufsstand, Geburtsdatum, Heimatort und die zugewiesene Wohnadresse in Südlohn. Für die Veröffentlichung der Daten wird eine „Rechtmäßigkeit“ benötigt. Gemäß Datenschutzverordnung (DSGVO) ist ein Einwilligungsverfahren notwendig.

Deshalb beschränkt sich  wir uns auf einige statistische Erhebungen. (Download PDF-Listen siehe unten) Alle Daten ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Gewähr.

31.03.2020 – Heimatverein Südlohn e.V.                                                                      Ernst Bennemann  –  1. Vorsitzender

 

2020 – heimatverein-suedlohn.de

– Ernst Bennemann –

Quellen und Bilder:

  • Auszugsweise: www.barackenlager-lette.de
  • Zerstörter Ortskern Südlohn: Heinrich Telöken

Errichtet  wurde das Lager 1933 gleich nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten angeblich als SA – „Sportschule. Ab Mai 1946 bis Ende September 1946 nutzte der Kreis Coesfeld das notdürftig wiederhergerichtete Barackenlager als Durchgangslager für die gruppenweise eintreffenden Ostvertriebenen. Ein Initiativkreis von Heimatvertriebenen aus der Grafschaft Glatz (Schlesien) plant im Zusammenwirken mit dem Heimat- und Verkehrsverein Lette e.V., in einem Teil des denkmalgeschützten Barackenlagers Lette eine Gedenkstätte mit Lernort einzurichten.

Der Ortskern von Südlohn war nach den Bombenangriffen vom 22. März 1945 zerstört.

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Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen in der Gemeinde Südlohn 1945 / 1946